Dr. med. Antonius Pollmann

 

Noch als Student besuchte ich 1974 meinen ersten Akupunkturkurs und war nur fasziniert und verstand wenig. Zu meinem Glück begegneten mir hervorragende Lehrer, die mir später auch als persönliche Freunde den Blick schärften, mir Verständnis vermittelten und Feingefühl beibrachten.

 

Mittlerweile kann ich auf eine 30-jährige praktische Erfahrung zurückblicken, die ich als Arzt für Allgemeinmedizin mit Schwerpunkt Akupunktur, Naturheilverfahren und Umweltmedizin erwarb. Durch meine Lehrtätigkeit in Akupunktur bei der DÄGfA und Ärztekammern, es mögen mittlerweile mehr als 500 Tagesseminare sein, war ich immer wieder angehalten, die Akupunktur verständlich darzustellen und auf kritische Fragen einzugehen. Eine besondere Herausforderung ist es, in meinem Lehrauftrag an der Universität Hamburg die Naturheilverfahren den Medizinstudenten zu vermitteln, die wissenschaftlich geschult der Empirie kritisch gegenüberstehen.

 

Zudem war ich über vierzehn Jahre mit der Komplementärmedizin involviert wie es nur wenige Ärzte erfahren. Als Präsident des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin (ZAEN) habe ich 28 große Ärztekongresse organisiert und in dieser Zeit als wissenschaftlicher Herausgeber der Ärztezeitschrift für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin (später KIM) 168 Ausgaben dieser Zeitschrift inhaltlich redigiert (Auflage 10.000). Methodisch, wissenschaftlich und gesundheitspolitisch war ich in diesem Gebiet der ärztlichen Medizin intensivst eingebunden.

 

In meiner Zeit als Vorstandsmitglied der ‚Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur‘ (DÄGfA), als Vorsitzender des ‚Berufsverbandes Deutscher Akupunktur-Ärzte‘ und als Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des ‚Hartmannbundes‘ habe ich versucht, die Akupunktur in gesundheitspolitischer und standespolitischer Hinsicht zu vertreten. Sowohl beim Kursbuch Akupunktur der Bundesärztekammer als auch in den ersten Verhandlungen mit den Krankenkassen war ich involviert. Die Diskussionen in diesen Gremien hatten auch Einfluss auf mein Verständnis der Akupunktur.

 

Lange Zeit, viel praktische Erfahrung und endlose theoretische Überlegung habe ich gebraucht, mich mit der TCM so vertraut zumachen, um mich dann vom Dogma der TCM zu befreien. Akupunktur ist, wie viele andere Methoden der komplementären Medizin, eine primär funktionelle Medizin. Der gemeinsame Kern der meisten dieser Verfahren liegt in ihrem Bezug zur Autoregulation, zum Betriebssystem des Organismus. Akupunktur ist angewandte Physiologie. Mit Akupunktur nutzen wir die natürlichen Ressourcen des Organismus zur Regeneration, zur Regulation und Adaption.

 

Nach wie vor gilt für die gesamte Medizin, auch für die modernsten Verfahren, die Aussage des Hippokrates: ‚Medicus curat, Natura sanat‘ – der Arzt behandelt, die Natur heilt.

 

Mittlerweile, fast 70-jährig, arbeite ich imme noch leidenschaftlich in meiner Praxis und versuche in den Seminaren die jungen Kolleginnen und Kollegen für die Akupunktur zu begeistern und sie zu erfolgreichen Akupunktur-Ärzten auszubilden. Mit dem wertvolles Wissen ärztlicher Empirie, das auf zeitloser Physiologie aufbaut, ist man immer aktuell und nah am Patienten. Das verstehe ich unter ärztlicher Heilkunst.

 

Früher hatte ich befürchtet, dass mit der Eingliederung der Akupunktur in die moderne Medizin wesentliche Inhalte verloren gingen. Jetzt stelle ich fest, dass durch den Transfer der traditionellen Akupunktur in unsere wissenschaftliche Medizin, wie in meinem Buch dargestellt, fehlerhafte Interpretationen und Irrtümer korrigiert werden können. Die Akupunktur wird dadurch präziser und sogar wirksamer.